WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 6­2012
Titel
11
Foto: Manuela Müller
Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Angefangen hatte alles mit der Seminarfacharbeit in der elften Klasse.
Ich
kam in eine Gruppe, die sich mit der Imkerei, also der Haltung und Zucht von
Bienen, beschäftigte. Nachdem ich mich dafür durch die Theorie gearbeitet
hatte und ein persönliches Interesse gewachsen war, wollte ich das alles dann
auch praktisch kennenlernen.“ Es folgte ein einwöchiges Praktikum in der
Schlossimkerei Tonndorf und darauf der Entschluss: „Ich werde Imkerin.“ Den
Ausbildungsplatz dazu bot ebenfalls die Schlossimkerei.
Als Imker ist man sehr von der Natur abhängig.
Das eigentliche „Bienenjahr“
beginnt im Frühjahr. Bevor die fleißigen Fliegerchen aus dem „Winterschlaf“
erwachen, sind Hanna und ihre Kollegen viel in der Werkstatt, bauen und re­
parieren Honig­ und Bruträume und bereiten das Material vor, was über den
Sommer gebraucht wird. Erst dann geht es an die Bienenvölker. „Wir schauen
nach, ob es der jeweiligen Königin gut geht, sie genug Eier legt, genügend
Arbeiterinnen da sind und ob das Futter reicht. Dann laden wir die Bienen­
stöcke auf. Je nach Honigsorte fahren wir raus auf Wald, Wiesen und Felder
und stellen die Bienen wieder auf.“ Wo, das hängt von der Honigsorte ab.
Hanna ist für dieses „Wandern“ auch schon mal mehrer hundert Kilometer in
Deutschland unterwegs. „Wir fahren unsere Bienenvölker im wöchentlichen
Rhythmus ab, sehen nach, ob alles in Ordnung ist, und tauschen die Honig­
zargen aus.“ Die sind zwei, drei Wochen nach Aufstellen schon das erste Mal
mit Honig gefüllt. So eine einzelne Zarge wiegt voll bis zu zwanzig Kilo, das ist
körperlich ganz schön anstrengend. „Imkern ist eben kein Schreibtischjob. Das
merke ich spätestens, wenn ich noch vor Sonnenaufgang an den Völkern sein
Es war einmal eine Auszubildende, die wohnte und arbeitete auf einem Schloss und regierte über einhundert Völker. So könnte Hannas Geschichte beginnen,
die wahre Geschichte, denn die 21­Jährige arbeitet tatsächlich in den herrschaftlichen Gemäuern eines 1.000 Jahre alten Schlosses und betreut als angehende
Imkerin über fünf Million Bienen – plus minus, denn zum genauen Zählen hat Hanna keine Zeit. Auch nicht jetzt im Winter, wenn die Bienen schlafen.
Die Azubienenkönigin
Tierwirte der Fachrichtung Imkerei halten
Bienen. Sie betreuen und vermehren Bienen­
völker, gewinnen und vermarkten Honig sowie
andere Bienenprodukte und züchten Bienen­
königinnen.
Dauer: 3 Jahre (Verkürzung mit Abitur möglich)
Voraussetzungen: Interesse und Spaß an der
Arbeit mit Tieren, Beobachtungsgenauigkeit,
Sorgfalt, handwerkliches Geschick, körperliche
Belastbarkeit, Bereitschaft zu flexiblen
Arbeitszeiten
Chancen: Arbeitgeber sind neben
den Imkereien und der Landwirt­
schaft auch Landesanstalten für
Bienenzucht, Bienenforschungs­
institute oder Imkergenossenschaften.
Imker
(
m/w)
muss.“ Man kann sie nur transportieren, bevor sie ausschwärmen. Manchmal
muss Hanna aber auch warten. Am besten lässt sich an den Stöcken arbeiten,
wenn es über 17 Grad warm ist, weil die Flugbienen dann unterwegs sind.
Sonst kann es ungemütlich werden. Ich liebe die Bienen, aber ich weiß auch,
dass sie nicht ungefährlich sind. Es gibt Tage, da sind die Bienen richtig gut
drauf, aber eben auch andere.“ Hanna trägt Schutzkleidung, wie einen Hut mit
Schleier. „Aber ich wurde trotzdem schon gestochen, das ist unangenehm, je­
doch nicht weiter schlimm.“
Für sie ist die Arbeit an den Völkern einfach das Allerschönste.
Mit der Zeit
versteht man das Bienenvolk als großes Ganzes, sieht, wie perfekt alles zu­
sammenarbeitet. Das fasziniert mich richtig. Und es wird immer spannender,
je mehr man sich damit beschäftigt. Besonders, wenn man dann in der
Berufschule die Hintergründe vermittelt bekommt.“ Dafür ist Hanna jedes Jahr
von Januar bis März in Celle am Institut für Bienenkunde. „Wir lernen dort die
Bienen von Scheitel bis zum Stachel kennen, erfahren alles über ihr Verhalten,
Völkerführung, Krankheiten, sowie rechtliche und wirtschaftliche Inhalte.“
Denn wenn die Bienensaison im Herbst zu Ende geht, und die Tiere für die
Überwinterung fertig sind, geht es für Hanna in die Produktion. Der gesam­
melte Honig wird aus den Waben geschleudert, abgefüllt und für Versand
oder Verkauf, zum Beispiel auf den Weihnachtsmärkten fertiggemacht. Für
Hanna vorerst zum letzten Mal. Sie beendet ihre Ausbildung im Sommer.
Auch, wenn ich beruflich noch andere Pläne habe, wird die Leidenschaft zur
Imkerei immer bleiben.“ (mü)